Anna Spindelndreier / helloyou.studio / Gesellschaftsbilder.de

Studieren ohne Barrieren

Rampen und Aufzüge für Menschen, die mit Rollstuhl oder Gehhilfe zur Hochschule kommen. Technik, die Studierende mit Seh- oder Höreinschränkung unterstützt. Solche Maßnahmen bauen Barrieren ab. Notwendig ist im Uni-Alltag aber auch ein Klima des Respekts gegenüber Studierenden mit Behinderung.

Barrieren abbauen – auf dem Campus und in den Köpfen

Studierende mit Behinderungen oder chronischen Krankheiten haben spezifische Bedürfnisse. Diesen Anforderungen werden Hochschulen in Bayern mit baulichen und technischen Maßnahmen auf dem Campus gerecht. Dazu gehören etwa die behindertengerechte Gestaltung und Ausstattung der Gebäude sowie der Zugang zu barrierefreier Kommunikation und Information durch geeignete technische Hilfsmittel. Außerdem berücksichtigen Lehrende die besondere Situation von Studierenden mit einer Behinderung oder einer chronischen Krankheit bei Vorlesungen, Seminaren und Prüfungen. Wichtig sind darüber hinaus Angebote für eine individuelle und vertrauliche Beratung von Studierenden sowie Studienbewerberinnen und -bewerbern mit Behinderung. 

Dass in Bayerns Hochschulen Barrieren verschwinden, ist ein gemeinschaftliches Ziel. Es wird erreicht, wenn Studierende, Mitarbeitende und Lehrende ein Bewusstsein dafür entwickeln, dass Barrierefreiheit mehr bedeutet als bauliche Maßnahmen. 

Welche Faktoren die Teilhabe von Studierenden mit Behinderungen voranbringen, erarbeitete der Forschungs- und Praxisverbund „Inklusion an Hochschulen und barrierefreies Bayern“ zwischen 2017 und 2019. Sechs Hochschulen kooperierten unter Federführung der Julius-­Maximilians-Universität Würzburg (JMU) in dem Projekt. Sie identifizierten fächerübergreifend „Best-Practice“-Beispiele, also erprobte Maßnahmen zur Verbesserung der Situation, wie etwa architektonisch sinnvolle Lösungen oder multimediale technische Unterstützungssysteme. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bildeten Netzwerke, entwickelten und diskutierten neue Lehrformen und sprachen Handlungsempfehlungen aus. 

Bauliche Maßnahmen und technische Ausstattung

Vor allem für bewegungs- und sehbeeinträchtigte Studierende ist es essenziell, dass sie Hochschulgebäude ohne fremde Hilfe erreichen können. Rampen und Aufzüge, kontrastreiche Streifen an Treppenstufen, Geländer mit Informationen in Blindenschrift sowie Blindenleitsysteme auf Fußböden und auf dem Außengelände sind einige von vielen Möglichkeiten, einen Hochschulcampus barrierefrei zu gestalten. Von vielen dieser Maßnahmen, zum Beispiel von gut beleuchteten Räumen, kontrastreichen Wegeleitsystemen oder geräumigen Gängen, profitieren im Übrigen alle Studierenden.

Blinde und sehbehinderte Studierende arbeiten mit Computern oder Laptops, die mit spezieller Hard- und Software ausgestattet sind. Sie nutzen Screenreader, eine Anwendung, die den Bildschirminhalt in Sprache oder in Blindenschrift umwandelt. Weitere Hilfsmittel wie Kamerasysteme oder Lupen helfen dabei, gedruckte Texte oder einzelne Objekte vergrößert anzuzeigen.

Auch eine Hörbeeinträchtigung stellt besondere Anforderungen an die Unterrichtsräume. Wer etwa ein Hörgerät trägt, kann einer Vorlesung gut folgen, wenn im Hörsaal oder Seminarraum eine induktive Höranlage installiert ist. 

Barrierefreiheit bedeutet für mich: Grenzen wahrzunehmen, sie als Aufgabe zu definieren und zu verschieben. Wir stoßen immer an Grenzen! Das ist kein Grund, zu resignieren.

Professor Ulrich Heimlich ist Inhaber des Lehrstuhls für Lernbehindertenpädagogik an der Ludwig-Maximilians-Universität München (LMU).

Beratung für Studierende mit Behinderung, chronischer oder psychischer Erkrankung

Neben Sinneseinschränkungen und körperlichen Beeinträchtigungen können auch chronisch-somatische und psychische Erkrankungen ein Studium erschweren. Ebenso bedeuten eine Lese-Rechtschreibstörung, AD(H)S und Autismus-Spektrum-Störungen Herausforderungen für den Uni-Alltag. Betroffene werden sowohl an den bayerischen Hochschulen wie auch von den Studierendenwerken individuell beraten. Dieser Service geht weit über die allgemeine Studienberatung hinaus. Studierende erfahren dabei, welche individuellen Vorkehrungen für ein gelingendes Studium nötig sind und welche Möglichkeiten es gibt, eventuelle Nachteile durch die Erkrankungen auszugleichen. 

Beauftragte für Studierende mit Behinderung

An allen bayerischen Hochschulen gibt es Beauftragte für Studierende mit Behinderung und chronischer Erkrankung. Zu ihren Aufgaben gehören unter anderem:

  • Beratung von Studierenden und Interessierten. Die Beratung orientiert sich an den Bedingungen der jeweiligen Hochschule und bezieht auch notwendige finanzielle Hilfen, Assistenzleistungen und Sachmittel mit ein.
  • Information über barrierefreie Gebäude und Ausstattung 
  • Hilfe bei der Studienorganisation
  • Vermittlung zwischen Studierenden und Lehrenden beziehungsweise der Verwaltung
     

Ausgezeichnetes Beratungsangebot an der Uni Würzburg

Über besondere Expertise in der Beratung von Studierenden mit Behinderung und chronischer Erkrankung verfügt die Julius-Maximilians-Universität Würzburg. Dort bietet die Kontakt- und Informationsstelle für Studierende mit Behinderung und chronischer Erkrankung (KIS) neben einer umfassenden Beratung auch einen Hilfsmittelpool, der beispielsweise Laptops mit vorinstallierter Spezialsoftware verleiht. 
 

Gutes Miteinander im Uni-Alltag

Barrierefreie Gebäude und technische Hilfsmittel ermöglichen Studierenden mit Beeinträchtigungen die Teilhabe am Hochschulleben. Wichtig sind aber auch der Austausch mit anderen Studierenden und das Gefühl, akzeptiert zu werden und dazuzugehören. Alle Personen an der Hochschule – Studierende, Angestellte und Lehrende – können dazu beitragen, im täglichen Miteinander Barrieren abzubauen: in der Vorlesung, im Seminar oder auch beim Hochschulsport. 

An der Technischen Universität München (TUM) bietet zum Beispiel der Universitäts-Sportclub München e. V. inklusive Sportmöglichkeiten, insbesondere für Menschen im Rollstuhl. Auch das Sportzentrum der JMU setzt sich gemeinsam mit Partnern im Netzwerk Inklusionssport Mainfranken für Begegnungen von Menschen mit und ohne Behinderung und den Abbau von Barrieren in den Köpfen ein. 

Mit einer Behinderung möglichst an allen Bereichen des Lebens teilhaben zu können – das ist Barrierefreiheit. Ich meine aber nicht nur die räumliche Barrierefreiheit, man sollte auch auf Menschen zugehen und sich ihnen gegenüber öffnen.

Christoph Wendel promovierte an der Universität Würzburg am Lehrstuhl für Astronomie. Er hat eine angeborene Muskelkrankheit.

Weitere Informationen zum barrierefreien Studieren

Einen Überblick zum Thema „Studieren mit Behinderung“ im Freistaat bietet die Website „Studieren in Bayern“ des Bayerischen Staatsministeriums für Wissenschaft und Kunst:

Sie haben eine Beeinträchtigung und suchen nach einer barrierefreien Hochschule? Dann hilft die Website der Initiative „barrierefrei studieren“ weiter. Die Seite informiert unter anderem über barrierefreie Studiengänge, finanzielle Hilfen, Assistenzleistungen und Sachmittel für Studierende mit Behinderung.

Hochschulen und Studierendenwerke in Deutschland arbeiten gemeinsam daran, die Situation von Studierenden mit Behinderungen oder chronischen Erkrankungen zu verbessern. Sie beseitigen bauliche, kommunikative, digitale, didaktische und strukturelle Hürden, die den Studienzugang, das Studium sowie die akademische Weiterqualifizierung erschweren. 

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