David Offenwanger kontaktiert deutschlandweit Behindertenbeauftragte, öffentliche Verwaltungen, Unternehmen, Betreiber von Kultur-, Freizeit- und Sporteinrichtungen. Er macht Pressearbeit und stellt „Toiletten für alle“ in sozialen Medien vor. Er ist vernetzt mit Fachleuten und der Beratungsstelle Barrierefreiheit der Bayerischen Architektenkammer. „Wir sehen es als unsere erste Aufgabe, Verständnis für die Zielgruppe und ihre Bedürfnisse zu wecken. Das ist nicht schwierig. Ich schildere einfach, wie eine Frau ihren gestandenen Mann aus dem Rollstuhl heben, auf den Boden legen und vor aller Augen wickeln muss, in einer öffentlichen Toilette oder im Park.“ Ein einziges Gegenargument hört Offenwanger häufig: „Zu uns kommen aber gar keine Menschen mit Schwerbehinderung.“ – „Wie denn auch“, antwortet er dann. „Das können sie ja nicht, solange die Toilette fehlt.“ In diesem Moment beginnen seine Gesprächspartner zu nicken.
Jedem (öffentlich zugänglichen) Neubau eine „Toilette für alle“
Ganz oben auf Offenwangers Liste stehen Neubauprojekte. Ihren Betreibern macht er klar, dass sie ohnehin nach der Barrierefrei-DIN bauen müssen. Von der barrierefreien Toilette zur „Toilette für alle“ ist es dann nicht mehr weit. Rund 10.000 Euro müssen zusätzlich investiert werden. Beim Neubau eines Gebäude eine sehr überschaubare Summe.
Die ersten „Toiletten für alle“ sind mittlerweile auf der Karte der Initiative gelistet, die meisten in Bayern, v. a. in und um München. Nicht alle Betreiber melden ihr Angebot; viele Toiletten sind geplant oder im Bau. „Wir hatten uns eine schnellere Verbreitung erhofft“, meint Rainer Salz. „Aber wenn es um Umbau oder Neubauten geht, hat man natürlich Vorlaufzeiten. Doch inzwischen merken wir, dass unsere Arbeit Früchte trägt.“ Heute kommen besonders Kommunen direkt auf das Projektteam zu. „Mit dem Wissen und der Erfahrung, die wir gesammelt haben, werden wir immer mehr gefordert werden“, freut sich Offenwanger. Ein weiterer Erfolg: Auf dem Oktoberfest 2017 soll erstmals eine „Toilette für alle“ im mobilen Container aufgestellt werden. Diesen Container können Veranstalter mieten. Er ist nicht nur ein prima Service für Menschen mit komplexer Behinderung, sondern auch ein weithin sichtbarer Werbeträger für die gute Idee.
Einfach am Leben teilhaben
„Charlotte ist heute einen Meter dreißig groß. Sie ist sehr dünn und relativ leicht. Aber mein Rücken merkt’s“, sagt Anja Gross. Charlotte wird weiter wachsen. Je mehr funktionierende Aufzüge, je mehr unverparkte Bürgersteige, je mehr „Toiletten für alle“ es gibt, umso entspannter kann ihre Familie den Alltag organisieren. Und umso intensiver kann Charlotte das tun, was sie glücklich macht und worauf sie ein Recht hat: einfach am Leben teilhaben.