Wie können taubblinde Menschen sich mit anderen austauschen?
Tom Asam: Das ist ganz unterschiedlich. Gehörlose Menschen sind in der Regel in der Gebärdensprache zu Hause. Wenn sie erblinden, können sie diese durch die taktile Gebärdensprache ergänzen. Dabei legen sie ihre Hände auf die des Gesprächspartners und spüren so dessen Gebärden. Dafür müssen aber beide Partner sehr gut gebärden!
Eine andere Kommunikationsform ist das Lormen. Dabei tippt oder streicht man bestimmte Stellen der Handfläche des Gesprächspartners. Jeder Buchstabe hat seinen festgelegten Platz.
Viele blinde Menschen sind mit der Brailleschrift vertraut. Sie nutzen sie auch wenn sie ertauben weiter, um zu lesen, im Internet zu recherchieren, E-Mails zu schreiben. Wenn noch Hörreste vorhanden sind, können Betroffene auch mit der Sprachausgabe am PC arbeiten.
„Barrierefreiheit“ bedeutet: Menschen können an allen Lebensbereichen teilhaben. Wie gelingt das für taubblinde und hörsehbehinderte Menschen?
Britta Achterkamp: Das wichtigste „Hilfsmittel“ sind Assistentinnen und Assistenten. Sie sind für taubblinde Menschen das Tor zur Welt. Taubblinde sehen mit den Augen ihrer Assistenz und hören durch deren Ohren.
Wer sind die Taubblinden-Assistenten?
Britta Achterkamp: Ehrenamtliche Helferinnen und Helfer. Einige von ihnen haben die Qualifizierungsmaßnahme des Bayerischen Instituts zur Kommunikationsförderung für Menschen mit Hörbehinderung (GIB-BLWG) in Nürnberg durchlaufen. Dort werden Kenntnisse in der Deutschen Gebärdensprache vorausgesetzt. Ziel ist es, qualifizierte Taubblinden-Assistenten zu gewinnen, die alle die unterschiedlichen Kommunikationsformen der Taubblinden beherrschen.
ITM bietet daneben einen niederschwelligen Einführungskurs an. Denn es gibt viele taubblinde Menschen, die nicht die (taktile) Gebärdensprache nutzen, sondern vorwiegend lormen.
Oft sind die Ehrenamtlichen Studierende aus entsprechenden Fachrichtungen, aber auch Rentnerinnen und Rentner. Wenn wir eine Anfrage bekommen, mailen wir sie in unser Netzwerk. Das kann jemand sein, der eine Stunde lang eine Begleitung beim Behördengang braucht, zum Schwimmen gehen oder eine einwöchige Freizeit mitmachen möchte! Wer von den Assistentinnen und Assistenten in der Nähe wohnt und Zeit hat, meldet sich. So ergeben sich mit der Zeit eingespielte Partner.
Ist es schwierig, das Lormen zu lernen?
Tom Asam: Nein, das ist relativ einfach, weil es auf unserer Schriftsprache basiert. Man muss gesehen haben, wie und wo auf dem Handteller die einzelnen Buchstaben dargestellt werden – und dann ist es Übungssache. Im Gegensatz zur Gebärdensprache, die eine eigenständige Sprache ist und z. B. eine eigene Grammatik hat.
Als ich beim ITM angefangen habe, musste ich das Lormen und die Gebärdensprache lernen. Beim Gebärden habe ich Mittelstufenniveau erreicht; das Lormen unterrichte ich längst selbst.