Andi Frank

Barrierefreie Kommunikation: Leichte Sprache

Angebote in Leichter Sprache richten sich an Menschen, denen das Verstehen von Texten schwerfällt. Leichte Sprache ermöglicht es ihnen, sich selbstbestimmt zu informieren, sich eine Meinung zu bilden und so am gesellschaftlichen Leben teilzuhaben. 

Warum braucht es Leichte Sprache?

Auf diese Frage gibt es eine einfache Antwort: Alle Menschen haben ein Recht auf Information. Das steht im deutschen Grundgesetz. Aber nicht alle Informationen sind für alle gleich gut verständlich. So haben zum Beispiel Menschen mit Lernschwierigkeiten Mühe, Wörter und Sätze zu verstehen, die etwa in amtlichen Briefen, in Verträgen, auf Websites oder in den Nachrichten verwendet werden. 

Viele Texte des alltäglichen Lebens stellen aber auch eine Barriere dar für Menschen mit Leseschwierigkeiten oder angeborener Gehörlosigkeit, für Seniorinnen und Senioren sowie an Demenz erkrankte Menschen und nicht zuletzt für Personen, die Deutsch als Fremdsprache lernen. Sie haben es dadurch schwerer, sich eine eigene Meinung zu bilden und zum Beispiel die für sie passende Entscheidung bei Wahlen zu treffen. 
Genau hier kann Leichte Sprache als zusätzliches Angebot weiterhelfen: Sie gibt die wesentlichen Inhalte eines Themas mit einfachen Wörtern und in kurzen Sätzen wieder. Das erleichtert vielen Menschen den Zugang zu wichtigen Informationen. 

Wenn ich Briefe bekomme, die schwierig zu lesen sind, muss ich erst mal jemanden fragen. Das ist schade und es ist schwierig für mich, dass ich dann auf fremde Hilfe angewiesen bin. Ich will es eigentlich selber verstehen.

Denis Schreiber hat Lernschwierigkeiten. Er arbeitet als Prüfer und Co-Dozent im Fach-Zentrum für Leichte Sprache in Augsburg sowie als Büropraktiker für den Bezirk Schwaben.

Leichte Sprache oder einfache Sprache? 

Leichte Sprache und einfache Sprache sind zwei unterschiedliche Versionen der deutschen Standardsprache. Sie verfolgen aber ein ähnliches Ziel, nämlich Informationen möglichst verständlich zu vermitteln. Die Leichte Sprache richtet sich in erster Linie an Menschen mit Lernschwierigkeiten und verfügt über spezielle Regeln und Strukturen, die das Verstehen erleichtern. Sie wird insbesondere von Behörden genutzt, etwa auf deren Websites, um über die wichtigsten Inhalte zu informieren. 

Für Texte in einfacher Sprache gibt es kein festgeschriebenes Regelwerk, Sätze können länger sein als bei der Leichten Sprache und die Textgestaltung folgt keinen bestimmten Vorgaben. Einfache Sprache wird zum Beispiel in Museen bei der Beschreibung von Ausstellungsobjekten genutzt, um auch Gäste ohne Vorkenntnisse fachliche Inhalte näherzubringen.

Von Expertinnen und Experten entwickelt

Menschen mit Lernschwierigkeiten machen sich in vielen Ländern schon seit den 1970er Jahren für ihr Recht auf Gleichberechtigung und Selbstbestimmung stark. In den USA entstand die erste Selbstvertretungsorganisation von Menschen mit Lernschwierigkeiten unter dem Namen „People First“ (Deutsch: Menschen zuerst). Diese Bewegung erreichte in den 1990er Jahren auch Deutschland und mündete 2001 in der Gründung des Vereins Mensch zuerst. Er engagierte sich unter anderem für eine besser verständliche Sprache, die Menschen mit Lernschwierigkeiten die Teilhabe erleichtert. 

2006 entstand das Netzwerk Leichte Sprache in Deutschland, das seit 2013 ein Verein ist. Darin engagieren sich viele Menschen mit und ohne Lernschwierigkeiten. Gemeinsam haben sie ein Regelwerk für Leichte Sprache erarbeitet. Diese Regeln helfen dabei, gute Leichte-Sprache-Texte zu verfassen. Das Netzwerk bietet auch Schulungen an, etwa um das Übersetzen in Leichte Sprache zu erlernen. Eine Übersetzung sollte immer von geschulten Prüferinnen und Prüfern mit Lernschwierigkeiten kontrolliert werden – auch das ist eine Regel des Netzwerks Leichte Sprache. Denn als Expertinnen und Experten können sie gut einschätzen, ob der übersetzte Text verständlich ist.

Leichte Sprache: So geht‘s

Das Regelwerk des Netzwerks Leichte Sprache erklärt unter anderem, welche Wörter man nutzt oder besser vermeidet, wie Sätze und Texte verständlich aufgebaut werden, aber auch wie die Gestaltung und Bilder beim Verstehen helfen können.

Einige wichtige Regeln für das Verfassen von Texten in Leichter Sprache lauten:

  • Benutzen Sie bekannte Wörter. Verzichten Sie auf Fachwörter und Fremdwörter. Erklären Sie schwere Wörter.
  • Verzichten Sie auf Abkürzungen.
  • Vermeiden Sie Redewendungen und bildliche Sprache.
  • Benutzen Sie kurze Sätze.
  • Benutzen Sie einen einfachen Satzbau.
  • Sprechen Sie die Leserinnen und Leser persönlich an.
  • Benutzen Sie eine große Schrift.
  • Schreiben Sie jeden neuen Satz in eine neue Zeile.
  • Benutzen Sie Bilder. Die Bilder müssen zum Text passen. 
  • Lassen Sie den Text immer prüfen.

Auf dem Weg zu einheitlichen Empfehlungen für Leichte Sprache

Das Netzwerk Leichte Sprache entwickelt sein Regelwerk stetig weiter. Auch Ergebnisse aus der Forschung fließen darin ein. Das Netzwerk Leichte Sprache arbeitet derzeit auch an der DIN SPEC Leichte Sprache mit. Eine DIN SPEC ist eine Art Vorstufe einer DIN-Norm. Die DIN SPEC für Leichte Sprache soll Empfehlungen zum Erstellen von Texten in Leichter Sprache geben – für alle, die Texte verfassen oder übersetzen. 

Viele Menschen können sich nicht vorstellen, dass Sprache für andere eine echte Barriere sein kann. Ich wünsche mir mehr Verständnis dafür, dass es die Leichte Sprache wirklich braucht.

Carola Nagel arbeitet als Übersetzerin und Dozentin im Fach-Zentrum für Leichte Sprache in Augsburg.

Beratung zur Leichten Sprache

Wie funktioniert Leichte Sprache? Wo ist ihr Einsatz sinnvoll? Wie können Texte in Leichte Sprache übersetzt werden? Warum ist die Einbeziehung von Menschen mit Lernschwierigkeiten wichtig und wie lässt sie sich umsetzen? Darüber informiert die Beratungsstelle Barrierefreiheit in Kooperation mit dem Fach-Zentrum für Leichte Sprache der CAB Caritas Augsburg Betriebsträger gGmbH.

Die Erstberatung ist kostenlos und steht Privatpersonen, Fachleuten, Unternehmen und Kommunen offen. Die Beratung erfolgt telefonisch, schriftlich, online oder persönlich – und das neutral und unabhängig. Das Angebot wird vom Bayerischen Sozialministerium gefördert.

Angebote rund um die Leichte Sprache

Die Internet-Plattform „einfach finden“ bündelt alle Informationen der Bayerischen Staatsregierung, die diese in Leichter Sprache und Gebärdensprache bereitstellt.

Die Bundesarbeitsgemeinschaft für Rehabilitation (BAR) entwickelt eine Heftreihe zum Thema „Rehabilitation und Teilhabe“ in Leichter Sprache. Dabei geht es um verschiedene Themen wie Schule, Ausbildung und Arbeit, Gesundheit und Pflege oder Familie, Freizeit und Wohnen. Die Hefte kann man kostenlos auf der BAR-Website herunterladen oder kostenpflichtig bestellen.

Welche Aufgaben hat das Zentrum Bayern Familie und Soziales (ZBFS)? Wie findet man Informationen auf der Website des ZBFS? Wie kann man Kontakt aufnehmen? Hier stellt sich Bayerns soziale Landesbehörde in Leichter Sprache vor.

Außerdem informiert das ZBFS in Leichter Sprache über wichtige Leistungen und Anlaufstellen für Familien. Das Angebot soll Menschen mit Lernschwierigkeiten und Menschen, die (noch) nicht gut Deutsch können, den Zugang zu Familienleistungen erleichtern.

Was ist eine Behinderung? Wer bekommt einen Behindertenausweis? Welche Hilfen gibt es? Mit einer umfangreichen Broschüre informiert das ZBFS Menschen mit Behinderung in Leichter Sprache über:

  • Behinderung, Ausweis und Merkzeichen
  • Hilfe- und Unterstützungsangebote
  • alle wichtigen Anlaufstellen

Die Broschüre wird auf der ZBFS-Website kostenlos zum Herunterladen angeboten:

Mensch zuerst – Netzwerk People First Deutschland e. V. ist ein Verein von und für Menschen mit Lernschwierigkeiten. Das Netzwerk bietet Infos für Betroffene, veranstaltet Schulungen und Vorträge zur Leichten Sprache und übersetzt Texte.

Die Website der Bundesvereinigung Lebenshilfe e. V. bietet vielfältige Informationen in Leichter Sprache. Unter anderem werden Broschüren für Menschen mit Lernschwierigkeiten vorgestellt – vom Rezeptheft bis zum Fußball-Regelwerk, von Themen rund um Sexualität bis zu Ausbildung und Arbeit.

Das Online-Wörterbuch der Lebenshilfe enthält Übersetzungen von Begriffen der Standardsprache in Leichte Sprache.

Weitere Themen

YouTube setzt Cookies

Durch das Klicken auf dieses Video werden in Zukunft YouTube-Videos auf dieser Webseite eingeblendet. Wir möchten Sie darauf hinweisen, dass nach der Aktivierung Daten an YouTube übermittelt werden. Sie können mit einem Klick dauerhaft das Abspielen aktivieren oder in den Datenschutzhinweisen auch dauerhaft wieder rückgängig machen.

Wir setzen Readspeaker ein. Bist du einverstanden?

Im Sinne der Barrierefreiheit wird auf der Website eine Vorlesefunktion angeboten. Bei Nutzung dieser Vorlesefunktion werden die dafür erforderlichen technischen Daten an den externen Dienstleister Readspeaker GmbH übermittelt. Mehr Informationen hierzu findest du in unseren Datenschutzbestimmungen.

Tunnelblick