Heddergott, Andreas/TUM

Entdeckungstour: spannende Alltagshelfer

Auch wenn mehr und mehr Barrieren abgebaut werden: Viele Menschen mit Behinderung und ältere Menschen brauchen Hilfsmittel, die auf ihre persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Wie können moderne Alltagshelfer Menschen mit Einschränkungen unterstützen? Gehen Sie auf Entdeckungstour!

Durch den Rollstuhl entfesselt!

„An den Rollstuhl gefesselt“ – diese Redewendung ist bei Rollifahrerinnen und Rollifahrern verpönt. Wer würde schon von einem Fußgänger sagen, er sei an seine Beine gefesselt? Genauso wie Beine sind Rollstühle überaus nützlich; sie „entfesseln“ Menschen mit Gehbehinderung und bringen sie zügig voran. Aufgehalten werden Menschen nicht von ihren Rollstühlen. Sondern von Barrieren!

In Europa werden Rollstühle schon seit dem Mittelalter konstruiert. Lange Zeit waren sie schwerfällige Vehikel, „Krankenfahrstuhl“ genannt. Heute sind Rollstühle leichtgängig und auf Leistung getrimmt. Und die Auswahl an Rollstühlen ist vergleichbar mit dem Angebot an Schuhen! Es gibt flexible Modelle für den Alltag, besonders wendige für den Sport, geländegängige für Fahrten abseits der Wege, ultrabreit bereifte für den Strand, wasserbeständige mit Sitzöffnung für die Dusche, leichte für die Reise und (hier hängt der Rolli nun endgültig die Schuhmode ab) natürlich welche mit Elektroantrieb. Die bringen reichlich Gewicht auf die Straße. Doch sie machen Menschen, die ihren Rollstuhl nicht selbst antreiben können, unabhängig von der Hilfe anderer. Auch Steh- und Liegeroll„stühle“ sind auf dem Markt, außerdem Modelle mit Schalensitz für Menschen, die Halt von außen brauchen, um aufrecht zu sitzen.

Auch das Zubehör ist breit gefächert. Für den Winter bieten Hersteller Rollstuhl-Kufen und Reifen mit Spikes oder Schneeketten, für die Sommerzeit Sonnensegel und Schirme. Gebogene Holzkufen verwandeln einen Rollstuhl in einen gemütlichen Schaukelstuhl. Eltern, die im Rollstuhl unterwegs sind, können einen Kinderwagen vorspannen oder einen Babysitz ankoppeln, größere Kinder fahren hinten auf einem Trittbrett mit.

Aha!

Das Online-Magazin „Der Querschnitt“ der Manfred-Sauer-Stiftung bietet Wissenswertes zu aktuellen Themen für Menschen mit Querschnittslähmung. Auch Hilfsmittel werden vorgestellt – darunter Rollstuhltypen von A bis Z, aktuelles Zubehör sowie Prototypen. Hier geht es zu den Beiträgen aus „Der Querschnitt“:

Radl & Rolli: Ja, mir san mi’m Handbike da …

Handbikes vereinen die Funktionen von Rollstuhl und Fahrrad. Angetrieben werden sie meist mit Handkurbeln. Es gibt zwei Systeme: Kompaktbikes, auf die man aus dem Rollstuhl umsteigt, und Antriebsteile, die mit dem eigenen Rollstuhl verbunden werden. Genau wie E-Bikes liegen auch E-Handbikes voll im Trend: Sie unterstützen bei Bedarf die Muskelkraft mit einem Elektromotor. Und auch wer nicht selbst radeln kann, ist beim Radlausflug dabei. Dafür sorgen Rollstuhltransport-Fahrräder – eine Art Fahrradtaxi für den Rollstuhl. Bei diesen Dreirädern ist eine absenkbare Plattform zwischen den beiden Vorderrädern montiert. Der Mensch mit Behinderung fährt auf die Plattform, sein Rollstuhl wird gesichert, der Tandempartner steigt auf den Sattel – und los geht’s. Auch hier kann ein Elektroantrieb die Radlerin oder den Radler unterstützen.

Bildergalerie: Rollstuhltypen von Stadt bis Strand

Zukunftsthema: Ein Rollstuhl steigt Stufen

Auch wenn man heute barrierefrei plant und Altbestände nachrüstet: Eine Welt ganz ohne Barrieren, da sind sich Betroffene und Fachleute einig, wird und kann es niemals geben. Hier setzen die Überlegungen von Forschern der TU München und der Hochschule Kempten an. Sie haben einen Rollstuhl entwickelt, der gehbehinderte Menschen auch dort ans Ziel bringt, wo Rampe oder Lift fehlen – und zwar ohne Hilfe anderer.

Bisherige Konzepte für treppensteigende Rollstühle arbeiten mit Raupen oder Gleitrollen. Doch dabei muss eine Begleitperson sicherstellen, dass der Stuhl nicht umkippt. Auch haben die Rollstühle einen großen Wendekreis, in engen Treppenhäusern bleiben sie stecken. Die Wissenschaftler aus München und Kempten entwickelten ein bionisches Verfahren (Bionik = Wirkungsweisen aus der Natur werden auf die Technik übertragen). Sie ergänzten einen Rollstuhl um Ultraschallsensoren und zwei „Füße“, die sich – ähnlich wie menschliche Beine – aus Ober- und Unterschenkel zusammensetzen. Erkennen die Sensoren eine Treppe, fährt der Rollstuhl rückwärts darauf zu, bis die beiden Räder die erste Stufe berühren. Anschließend fahren die „Füße“ aus und heben den Rollstuhl an. Angetrieben von Elektromotoren schieben sie den Rollstuhl auf die nächsthöhere Stufe. Am Treppenende angekommen, fahren die Beine wieder ein und das Fahrwerk schaltet zurück in den Fahrmodus. Der Rollstuhl kann so auch Treppen hinabsteigen.

Das Ziel: immer mehr Selbstständigkeit für Menschen mit Behinderung und die ältere Generation.

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Ende 2016 stellten Forscher der TU München und der Hochschule Kempten ihren bionischen Rollstuhl vor. Faszinierend, wie seine „Füße“ nach dem besten Halt tasten …

… und den Rollstuhl Stufe für Stufe nach oben stemmen.

Heddergott, Andreas/TUM

Zukunftsthema: Gehen mit der Kraft der Gedanken

Moderne Rollstühle sind hervorragende Hilfsmittel. Doch das ständige Sitzen belastet die inneren Organe, z. B. die Lunge und den Darm, und lässt die Muskeln verkümmern. Und: Wer im Rollstuhl sitzt, wird oft auch im übertragenen Sinn von oben herab betrachtet, geht in Menschenmengen unter und hat weniger Überblick. Forschungsteams arbeiten schon seit Jahrzehnten an Exoskeletten – „Außenskeletten“ – mit deren Hilfe gehbehinderte Menschen stehen und gehen können.

  • Das Prinzip: Exoskelette sind Beinschienen mit Gelenken. Sie werden, z. B. mit gepolsterten Klettbändern, an den Beinen und am Oberkörper bzw. den Hüften befestigt. Sie richten den Körper auf und geben ihm Halt. Mechanische Exoskelette eignen sich für Menschen, deren Beine nicht vollständig gelähmt sind. Sie bewegen sich in der Gehhilfe fort, indem sie ihr Gewicht verlagern. Die Alternative: elektronisch gesteuerte Exoskelette. Hier sind auf Höhe der Hüft- und Kniegelenke Motoren eingebaut, die den Körper nach vorne bewegen. Auch sie werden über Bewegungen des Oberkörpers gesteuert, jedoch durch Motorkraft unterstützt. Eine Vorwärtsbeugung löst den ersten Schritt aus; verlagert man das Körpergewicht erneut, marschiert der Geh-Roboter los. Dabei ahmt er den natürlichen Bewegungsablauf der Beine nach. Bei anderen Modellen geben die Nutzerin oder der Nutzer Befehle wie „Aufstehen!“ und „Losgehen!“ auf einem Digital-Armband ein. Der Antrieb – ein Akku und ein Computer – steckt in einem Rucksack oder wird direkt im Stützgestell verbaut. Krücken oder ein Rollator ergänzen das Exoskelett; sie sorgen fürs Gleichgewicht.
  • Die Verwendung: Genutzt werden Exoskelette derzeit vor allem in der Reha und der Physiotherapie. Patientinnen und Patienten trainieren z. B. nach einem Schlaganfall wieder das Gehen. Menschen mit Querschnittslähmung mobilisieren mit der Bewegung im Exoskelett u. a. das Herz-Kreislauf-System und die Verdauung.
  • Der Preis: Elektronisch gesteuerte Exoskelette kosten fünf- bis sechsstellige Summen. Teilweise übernehmen die Krankenkassen die Kosten für die Anschaffung bzw. die Trainingsstunden.

Mal gucken? Hier finden Sie Videos und Reports über die Geh-Roboter:

Video von Euronews über ein europäisches Forschungsprojekt:

ProSieben-Reportage über einen Nutzer:

Report der Berliner Morgenpost (Text und Video mit Untertiteln):

Aha!

Exoskelette sind eine besondere Art von Orthesen: Schienen oder Schalen, die einzelne Gliedmaßen oder den Oberkörper stützen. Orthesen können Fehlstellungen korrigieren, (z. B. nach einem Unfall) Gelenke ruhig stellen und/oder stabilisieren und auch dauerhaft Körperteile entlasten. Auch in der Industrie und beim Militär kommen Exoskelette zum Einsatz. Dort legen Menschen sie an, um schwere Lasten zu bewegen.

Internationales Projekt „Walk again“

Erinnern Sie sich? Bei der Fußball-WM 2014 spielte ein querschnittsgelähmter Mann den ersten Ball. Er trug ein gedankengesteuertes Exoskelett, an dem ein internationales Forscherteam arbeitet – beteiligt ist auch die TU München. Die Besonderheit dieses Geh-Roboters: Sein System zeichnet die elektrische Hirnaktivität des Menschen auf, erkennt dessen Absicht – einen Schritt zu machen oder einen Ball zu kicken – und übersetzt sie in eine Handlung. Eine spürbare Rückmeldung erhalten die Nutzerinnen und Nutzer über eine künstliche Haut. Sie wird unter den Füßen des Roboters angebracht und nimmt die Beschaffenheit des Untergrunds wahr. Diese Eindrücke werden an den Arm des Menschen übermittelt – also an eine Körperregion, die, anders als das gelähmte Bein, Reize wahrnimmt. Bis ein Mensch so seine eigenen Schritte wahrnehmen und lenken kann, muss er monatelang intensiv üben. Bis heute arbeitet das Forscherteam weiter an „Walk again“ (deutsch: „Wieder gehen“). Mehr erfahren Sie im Interview mit Prof. Gordon Cheng von der TU München:

Astrid Eckert/TUM

Ein Höhepunkt der Fußball-WM 2014: Ein querschnittsgelähmter Mann kickt den ersten Ball. Dabei hilft ihm ein gedankengesteuerter Roboteranzug.

Prof. Gordon Cheng von der TU München stellt die künstliche Haut vor, die Sinneseindrücke von einer Körperregion an eine andere weiterleiten kann.

Astrid Eckert/TUM
rewalk.com

Exoskelette wie dieses bringen z. B. manche querschnittsgelähmten Menschen buchstäblich wieder auf die Beine.

Der Akku und der Computer, der die Steuerungsbefehle auf das Exoskelett überträgt, sind – wie hier – in einem Rucksack untergebracht oder im Stützsystem verbaut.

rewalk.com

Aha!

Hightech-Hilfsmittel als prima Gesprächsstoff: Das Video „Die neue Nähe“ der Aktion Mensch zeigt, wie Kinder ohne Behinderung ganz ohne Berührungsangst die Welt von Menschen mit Behinderung entdecken.

Echt smart: digitale Produkte für Menschen mit Behinderung

Die digitale Technik verändert unsere Welt rasend schnell. Immer neue digitale Angebote eröffnen Menschen mit Behinderung immer neue Möglichkeiten der Teilhabe – im Alltag, im Beruf und in der Freizeit. Gerade Smartphones sind inzwischen vielseitig einsetzbar und bieten neben der Kommunikation zahlreiche nützliche Funktionen. Apps erkennen Gegenstände, speichern Stimmen und machen Filme für alle zugänglich. Auch für hörbehinderte Fußballfans gibt es ein Hilfsmittel mit echtem Hightech-Faktor.

Smartphone und Tablet

Seh-, hör-, sprach- und körperbehinderte Menschen z. B. können ihr Smartphone als nützliche Helfer in vielen Lebenslagen einsetzen. Viele Smartphones und Tablets bieten eine Zoom-Funktion (um Texte auf dem Bildschirm zu vergrößern) und eine Sprachsteuerung (um Befehle zu geben und sich alle gewünschten Inhalte – vom Adressbuch bis zum Artikel auf einer Website – vorlesen zu lassen): ideal für blinde und sehbehinderte Menschen. Gehörlose und hörbehinderte Menschen nutzen das Smartphone, um sich per SMS, E-Mail oder über Messenger-Dienste auszutauschen. Menschen mit eingeschränkter Feinmotorik können Tablets und Computer z. B. über Augenbewegungen steuern. Infos über digitale Angebote für Menschen mit Sinnesbehinderung finden Sie z. B. auf der Website des Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverbands (DBSV).

3-D-Avatare als Gebärdensprachdolmetschende

Gehörlose Menschen wachsen meist mit der Gebärdensprache auf; sie ist ihre Muttersprache. Sie ist eine vollwertige Sprache mit eigener Grammatik. Geschriebene Texte bilden die gesprochene Sprache (Lautsprache) ab, nicht die Gebärdensprache. Viele gehörlose Menschen ziehen deshalb Infos in Gebärdensprache vor. Große Textmengen können heute voll digitalisiert in Gebärdensprache übertragen und von computeranimierten 3-D-Figuren (Avataren) gebärdet werden. Diese Technik eignet sich für viele Lebensbereiche: für die Übersetzung von Packungsbeilagen von Medikamenten genauso wie für Multimedia-Services im Museum. Die Deutsche Bahn nutzt Gebärdensprach-Avatare, um gehörlosen Menschen ihre wichtigsten Services rund um das Reisen in Gebärdensprache zur Verfügung zu stellen.

Erfahren Sie mehr in der BR-Reportage: „Mit Avatar & Co – Digitale Barrierefreiheit“.

Top-Thema: Apps machen Sinn(e)

Für blinde und sehbehinderte Menschen gibt es viele Apps, die alltägliche Herausforderungen erleichtern sollen. Teilweise lösen sie Herausforderungen nicht rein technisch, sondern werden unterstützt durch Helferinnen und Helfer („Crowd Sourcing“). So sind Apps auf dem Markt, die blinden und sehbehinderten Menschen Informationen zu ihrer Umwelt liefern, die sie selbst nicht ertasten können – z. B. die Farbe eines Pullovers, die Aufschrift auf einer Konservendose. Die Nutzerin oder der Nutzer muss den Gegenstand nur fotografieren. Das Bild wird an sehende Menschen übermittelt, die umgehend die gewünschte Information zurückspielen.

Menschen, denen der Verlust ihrer Stimme droht – z. B. durch Kehlkopfkrebs oder die Nervenkrankheit ALS –, können diese „konservieren“. Dafür nehmen sie mehrere Stunden lang Sprechproben auf. Später können die Betroffenen beliebige Texte ins Smartphone oder Tablet eintippen; ein Programm wandelt den Text in gesprochene Sprache um. Dabei greift es auf die Textbausteine zurück, die vorher gespeichert wurden. So ertönt keine „Automatenstimme“, sondern die eigene, vertraute Stimme.

Sprechende Türen

Bei der Universal Design Competition 2017 holte eine App den Preis der Expertenjury und des Publikums: InfoDoor hilft blinden und sehbehinderten Menschen bei der Orientierung im öffentlichen Raum. Die App wurde an der TU München entwickelt; sie basiert auf einer „Leuchtfeuer“-Technologie. Geht ein blinder Mensch z. B. eine Straße entlang, werden Signale von sogenannten „Beacons“ auf sein Smartphone übertragen. Beacons sind Datenträger und Sendegeräte in einem. Öffentliche Einrichtungen, Ärzte, Apotheken, Läden oder Restaurants können sie kaufen, mit den gewünschten Infos (von den Öffnungszeiten bis zur Speisekarte) bespielen und an ihrer Tür anbringen. Alle gespeicherten Infos werden der Nutzerin oder dem Nutzer vorgelesen.

Kino für alle

Die App Greta liefert blinden Menschen gesprochene Beschreibungen zu Kinofilmen (Audiodeskription) – in jedem Kino und jedem Saal, zu jeder gewünschten Vorstellung. Und so funktioniert es: die App kostenlos aufs Smartphone laden, den gewünschten Film aussuchen und die entsprechende Audiodeskription herunterladen. Im Kino muss man dann nur noch das Smartphone zücken, die Ohrstöpsel einsetzen und die App starten. Greta erkennt den Filmstart automatisch und spielt die Audiodeskription synchron zum Film ab.

Greta ermöglicht Kinoerlebnisse auch für gehörlose und hörbehinderte Menschen. Sie versorgt sie mit speziellen Untertiteln. So werden z. B. neben den Dialogen wichtige Umgebungsgeräusche im Bild oder Hintergrund in Untertitel „übersetzt“.

Aha!

Audiodeskription ist ein Service für blinde und sehbehinderte Menschen. Dabei wird das, was in einem Film zu sehen ist, von einer Sprecherin oder einem Sprecher beschrieben: Infos zur Handlung, zum Aussehen der Personen, zu deren Körpersprache und Gesichtsausdrücken sowie über Kostüme und Schauplätze. Alles muss knapp und klar formuliert sein und in die Dialogpausen des Films passen. Nur durch Hören lässt sich der Film jetzt verstehen, er ist zum Hörfilm geworden. Audiodeskription gibt es z. B. auch im Theater, in der Oper, im Museum und beim Sport – und natürlich auch im Fernsehen und bei Streamingdiensten. Lesen Sie mehr über barrierefreies TV und zwei Hörfilm-Autorinnen, die erfolgreich im Team arbeiten: Die eine kann sehen, die andere ist erblindet.

Greta und Starks Apps UG
Film auswählen, Ohrstöpsel einsetzen und der Hörbeschreibung lauschen: Mit Greta genießen blinde und sehbehinderte Menschen das Kinoerlebnis. Wer wegen einer Hörbeeinträchtigung die Untertitel zum Film nutzen will, klickt einfach auf Abspielen. Die Größe der Untertitel kann man manuell einstellen. Umsichtig: Der Bildschirmhintergrund von Greta (hier im Bild) ist dunkel – so stört im Kino kein helles Display-Licht. Auch wer zu Hause die Kinofilme im TV oder auf DVD ansieht, kann die App nutzen.

Noch mehr Kino

Auch Barbara Fickert schätzt die Hörfilmbeschreibungen mit „Greta“. Als begeisterte Kinogängerin setzt sich die sehbehinderte Frau seit mehreren Jahren für ein größeres Angebot barrierefreier Kinofilme ein. In ihrem Blog „Blindgängerin“ berichtet sie über ihre Film- und Kinoerlebnisse.

2016 hat sie die Kinoblindgänger gemeinnützige GmbH ins Leben gerufen, die sich über Sponsoren- und Spendengelder finanziert. Zusammen mit ihrem Team produziert Barbara Fickert Audiodeskriptionen für internationale Filme sowie erweiterte Untertitel. Das heißt: Für blinde und sehbehinderte Menschen werden Bilder (z. B. Handlungen und Personen) hörbar beschrieben. Für gehörlose Besucherinnen und Besucher werden neben Dialogen auch Filmgeräusche und Filmmusik verschriftet.

Erfahren Sie mehr:

Augmented-Reality-Brillen

Ganz neue Erlebnisse vermitteln Augmented-Reality-Brillen. Augmented Reality („erweiterte Wirklichkeit“) oder kurz AR bedeutet: Eindrücke, die unsere Umwelt liefert, werden digital ergänzt. In AR-Brillen können z. B. Untertitel zu Kinofilmen eingeblendet werden. Gehörlose Menschen müssen nicht mehr abwechselnd auf die Leinwand und ihr Smartphone gucken, sondern können sich ganz auf den Film konzentrieren. Prototypen der „Kinobrille“ werden derzeit getestet. Bereits im Einsatz sind digitale Brillen in der Münchner Allianz-Arena. Dort können gehörlose Fußballfans sie ausleihen und alle Stadionkommentare als Untertitel mitlesen:

Fernsehfilme hören

Hörbeschreibungen (Audiodeskriptionen) machen auch Fernsehfilme für blinde und sehbehinderte Menschen zugänglich. Die Filmbeschreibungen erleichtern die Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben.

Das Prinzip der Audiodeskription ist im Fernsehen das gleiche wie beim Kinofilm: Spricht gerade niemand, beschreibt eine Sprecherin oder ein Sprecher, was auf dem Bildschirm zu sehen ist – ob Landschaften, Gesichter oder relevante Details. Auch Hintergrundgeräusche werden beschrieben: Woher stammt das Rascheln, wer hat den Schuss abgegeben? So wird ein Angebot, das ganz auf Sehende ausgerichtet scheint, auch für blinde und sehbehinderte Menschen erlebbar.

Wo welche Hörfilme in Deutschland abrufbar sind, das bündeln z. B. die Datenbank von Hörfilm e. V. und TV für alle.

Mehr zum Thema barrierefreies Fernsehen, der Entwicklung der Angebote in Zahlen – und einen Einblick in die Arbeit einer sehenden und einer erblindeten Hörfilm-Autorin:

Guter Klang dank induktiver Höranlage

Viele hörbehinderte Menschen tragen ein Hörgerät. Doch das hilft nicht immer und überall. Gerade ältere Menschen haben häufig Probleme, Unterhaltungen, Vorträge oder auch Gottesdienste zu verfolgen. Die Nebengeräusche sind hier meist zu laut. Die Lösung ist eine induktive Höranlage. Diese besteht aus einer Signalquelle (z. B. Mikrofon), einem elektronischen Verstärker und einer Induktionsschleife im Boden. Hörgeräte oder Cochlea-Implantate empfangen die akustischen Signale – so erleben Betroffene z. B. Vorträge oder Musik ohne störende Umgebungsgeräusche. Induktive Höranlagen können z. B. auch in Kinos oder Theatern eingesetzt werden.

Tipp: Um die Höranlage nutzen zu können, muss der Hörakustiker die Hörgeräte entsprechend einstellen. Durch einen Knopfdruck wird anschließend das akustische Signal empfangen.

Weitere Infos gibt es hier:

Hightech-Rollator als Diagnostiker und Trainer

Warum werden ältere Menschen pflegebedürftig? Neben Erkrankungen sind Stürze eine häufige Ursache. Die Sturzprophylaxe – also Maßnahmen die helfen, Stürze zu vermeiden – ist deshalb ein wichtiges Forschungsthema. Ein Siemens-Forscherteam arbeitet im Rahmen des EU-Projekts ACANTO (GA 643644) an einem Rollator, der weit mehr ist als eine Gehhilfe. FriWALK („Friendly Robot Walker“) ist mit Messgeräten und Kameras ausgestattet, die feststellen können, wie ein Mensch sich bewegt. Unterstützt wird FriWALK durch Schuheinlagen mit Sensoren. Während der Mensch geht, wird ständig gemessen: Wie lang sind seine Schritte, in welchem Tempo und Takt setzt er sie? Wie schnell schlägt sein Herz? Blickt er gelassen oder angespannt? Anders als auf einem Laufteppich in der Arztpraxis kann der ältere Mensch mit FriWALK alltägliche (und auch längere) Wege gehen. Nach Auswertung aller Daten entwirft die Ärztin oder der Arzt ein genau abgestimmtes Übungsprogramm, das gezielt die ermittelten Schwächen trainiert, z. B. die Haltung, das Gleichgewicht oder die Kraft.

FriWALK soll nicht nur der Diagnose dienen, sondern auch dem Training. Dann schlägt der schlaue Rollator z. B. Aktivitäten vor. Und FriWALK kann dank seiner Hightech-Ausstattung auch Hindernisse erkennen und den älteren Menschen über sichere Alternativwege lotsen.

Musikalisches T-Shirt

Klassische Musik für gehörlose Menschen? Das Sound-Shirt der Jungen Symphoniker Hamburg macht es möglich: Es setzt Töne in feinste Vibrationen um. Und so funktioniert’s: Mikrofone auf der Bühne fangen den Klang der Instrumente ein. Eine Software wandelt die Töne in Daten um und sendet sie drahtlos an das Sound-Shirt. 16 eingenähte Mini-Motoren lassen das Shirt zart oder kraftvoll vibrieren. Die Basstöne schwingen über dem Bauch, die Geigenklänge streichen über die Arme. Leuchtdioden im Brustbereich des Shirts pulsieren mit der Kraft der Klänge. Interessierte können das Sound-Shirt als Prototyp bei den Jungen Symphonikern Hamburg testen. Hier können Sie das Sound-Shirt im Video erleben:

JvM/Alster, CuteCurcuit, Markenfilm, Junge Symphoniker Hamburg

Hörenden Menschen geht Musik in ihren stärksten Momenten „unter die Haut.“

Dieses Erlebnis können gehörlose Menschen mit dem Sound-Shirt der Jungen Symphoniker Hamburg teilen.

JvM/Alster, CuteCurcuit, Markenfilm, Junge Symphoniker Hamburg

Leitsysteme leicht verlegt

Bodenleitsysteme bestehen aus leicht erhöhten Streifen und Feldern am Boden, die blinde und sehbehinderte Menschen mit ihrem Langstock ertasten können. Auch ältere Menschen und alle anderen Personen finden sich dank der Leitsysteme in einer unbekannten Umgebung besser zurecht. Inzwischen gibt es Lösungen, die nur vorübergehend verlegt werden können – z. B. während einer Veranstaltung oder Messe. Das ist einfach, kostengünstig und geht schnell: Einzelne Platten und lose Rippen sowie Noppen aus Kunststoff werden auf den Boden geklebt. Auch nachträglich lassen sich diese Leitsysteme jederzeit im Innenbereich verlegen. Die Elemente sind zudem in Edelstahl oder Messing erhältlich. Diese können verklebt oder festgebohrt werden. Die Streifen und Noppen gibt es in verschiedenen Farben – für den passenden Kontrast.

Intelligentes Zuhause

Auch wenn sie eine Behinderung erwerben oder altersbedingte Beschwerden haben: Die meisten Menschen möchten weiterhin in ihrer vertrauten Wohnung, ihrem Stadtviertel und ihrem Netzwerk leben. Das barrierefreie Bauen und Wohnen ist daher ein Top-Thema in Architektur und Produktdesign. Von der rollstuhlgerechten Küche mit unterfahrbaren Arbeitsflächen und einer von oben befüllbaren Spülmaschine bis hin zu automatischen Greifarmen – eine barrierefreie Ausstattung und moderne Hilfsmittel unterstützen ältere Menschen und Menschen mit Behinderung. Das Ziel: möglichst sicher und selbstständig zu Hause leben – in jedem Alter.

Mit einem Lidschlag die Heizung regeln

Gehörlose Menschen können herkömmliche Türklingeln, Wecker oder Babyphone nicht nutzen. Für sie gibt es Alternativen mit Lichtsignalen oder Vibrationsalarm. Genauso können auch Alarmanlagen eingesetzt werden, die nicht (nur) schrillen, sondern blinken.

Für Menschen, die ihre Hände nicht bewegen können, gibt es Lösungen mit Augensteuerung: So kann eine digitale Spezialbrille mit Sensor einen bewussten Lidschlag auswerten. Dazu muss das System die Augenbewegung der Nutzerin oder des Nutzers einmal erfassen; danach kann es ihre oder seine Wünsche buchstäblich von den Augen ablesen. Auf diese Weise lassen sich z. B. Jalousien betätigen, Heizungen ein- und ausschalten oder elektrische Türöffner aktivieren. Unwillkürliche Lidaufschläge werden vom System ausgefiltert.

Sicherheit bei Nacht und Tag

Nachts müssen gerade ältere Menschen öfter aufstehen. Schlaftrunken nach der Nachttischlampe zu tasten, ist mühsam – und im Dunklen zum Bad zu gehen hochgefährlich. Schlaue Sensorböden sorgen für Sicherheit. Sie werden, ganz unsichtbar, unter dem Teppich oder Bettvorleger installiert. Setzt man einen Fuß auf den Boden, schalten sie automatisch das Licht in Schlafzimmer, Flur und Bad an.

Lange schon gibt es Armbänder mit Notruf-Sender. Der Nachteil: Es nützt nur, wenn der Mensch, der es trägt, bei Bewusstsein ist und daran denkt, den Notrufknopf zu drücken. Derzeit wird an Teppichen gearbeitet, die selbstständig einen Notruf absetzen, wenn sie einen Sturz registrieren. Dass ältere Menschen nach einem Sturz tagelang hilflos in ihrer Wohnung liegen, könnte mit solchen Lösungen vermieden werden.

Surftipp: das Infoportal REHADAT-Hilfsmittel

Das Infoportal REHADAT-Hilfsmittel informiert – kostenlos und neutral – über Hilfsmittel für Menschen mit Behinderung und ältere Menschen. Die Datenbank umfasst mehr als 16.000 Produkte. Gegliedert ist sie nach Lebensbereichen, von „Bauen und wohnen“ bis „Freizeit und Sport“. Die Produkte werden detailliert beschrieben (Einsatzbereich, Merkmale, technische Daten, Zubehör, Preis); Links führen zu den jeweiligen Herstellern bzw. Händlern. REHADAT ist ein Angebot des Instituts der deutschen Wirtschaft Köln, gefördert durch das Bundessozialministerium.

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