Ein riesiger Campus, mehrere Studiengebäude verteilt über die ganze Stadt und derzeit etwa 28.000 Studierende – unser Besuch an der Uni Würzburg beginnt und führt uns zuerst zu Sandra Mölter, Leiterin der Kontakt- und Informationsstelle für Studierende mit Behinderung und chronischer Erkrankung (KIS). Seit 2010 berät sie Studieninteressierte und Studierende. Auch Absolventinnen und Absolventen mit Behinderung und chronischer Erkrankung finden hier Unterstützung: Der Übergang von der Hochschule in den Beruf ist Sandra Mölter sehr wichtig. Außerdem koordiniert sie den sogenannten Umsetzungsdienst für blinde und sehbehinderte Studierende. „Wir bereiten u. a. Folien für Vorlesungen barrierefrei auf – in Blindenschrift oder in Großdruck“, erklärt Sandra Mölter. Ein Hilfsmittelpool gehört ebenfalls zur Informationsstelle. Hier gibt es beispielsweise Tafelbildkameras (das Tafelbild wird auf den Laptop von sehbehinderten Studierenden übertragen) und induktive Höranlagen für Studierende mit einer Hörbehinderung.
Ein weiteres wichtiges Thema ist der Nachteilsausgleich. Denn viele Studierende brauchen einfach mehr Zeit – wenn sie z. B. oft medizinisch versorgt werden müssen oder nur langsam lesen können. Die Klausurzeit wird verlängert, die Studienplanung individuell gestaltet. „Wir passen den Studienplan der Betroffenen mit einer reduzierten Stundenzahl an“, erläutert Sandra Mölter. „Langsam zu studieren ist wichtig! Zwölf Semesterwochenstunden reichen oft – gerade bei psychischen Erkrankungen.“ So verlängert sich die Regelstudienzeit – „das ist für Menschen mit Behinderung und chronischer Erkrankung oft notwendig.“
Die Leiterin der KIS begleitet Studierende auch bei der Wiedereingliederung, u. a. nach längerer stationärer Behandlung. Sie bearbeitet Anfragen aus der Politik, schreibt Stellungnahmen, koordiniert das Netzwerk der bayerischen Beauftragten für Studierende mit Behinderung. Sie organisiert Fortbildungen und fördert damit den Austausch zwischen den Behindertenbeauftragten. Zudem unterstützt sie die Studierenden bei der Suche nach barrierefreiem Wohnraum und arbeitet mit dem Studentenwerk Würzburg zusammen. „Wichtig ist auch, dass die Studierenden wissen, dass es KIS überhaupt gibt.“ Deshalb weist Sandra Mölter auch bei Einführungsveranstaltungen auf die Beratung hin.
Sandra Mölter weiß, wovon sie in ihrer Beratung spricht. Sie selbst hat mit einer nicht sichtbaren Behinderung studiert und bis heute chronische Schmerzen. „Wenn jemand Berührungsängste hat, sage ich auch mal, dass ich selber betroffen bin“, erläutert sie. „Das nimmt die Hemmungen.“ Ihr Wunsch: „Eine Sensibilität auch für Menschen mit einer nicht sichtbaren Behinderung – ich persönlich habe damit oft zu kämpfen.“
Pro Jahr studieren an der Uni Würzburg etwa 350 bis 400 Menschen, die ihre Behinderung bekannt machen. „In meine Beratung kommen vor allem Studierende mit einer psychischen Erkrankung, also z. B. mit einer Depression oder Angststörung“, beschreibt Sandra Mölter. Körper-, Seh- oder Hörbehinderungen kommen seltener vor (sie liegen bei sechs Prozent). „Ein Grund dafür ist aber auch, dass die Betroffenen oft ihre eigenen Hilfsmittel mitbringen und unseren Pool gar nicht nutzen müssen.“ Was sie beobachtet: „Inzwischen trauen sich mehr Menschen, mit Behinderung zu studieren.“