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Barrierefreie Arztpraxen

Weder Treppenstufen noch Verständnisbarrieren dürfen Patientinnen und Patienten am Besuch einer Arztpraxis hindern. Um die Behandlung aller Menschen im Freistaat zu erleichtern, müssen Barrieren in der ambulanten Versorgung weiter abgebaut werden. 

Arztpraxen sind für alle da

In einer ambulanten Arztpraxis finden Untersuchungen und Behandlungen statt, die nicht den stationären Aufenthalt oder – in dringenden Fällen – die Notaufnahme in einem Krankenhaus erfordern. Von der Allgemein- bis zur Zahnmedizin werden alle Fachrichtungen abgedeckt. Auch die Praxen der Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten gehören zur ambulanten Versorgung in Bayern. Es gibt Einzelpraxen sowie Gemeinschaftspraxen und medizinische Versorgungszentren, in denen mehrere Ärztinnen und Ärzte tätig sind.  

Patientinnen und Patienten können grundsätzlich frei darüber entscheiden, welche Arztpraxis sie aufsuchen. Das Recht auf freie Arztwahl gilt für alle Fachrichtungen. Nur in Ausnahmefällen darf eine Patientin oder ein Patient abgelehnt werden, zum Beispiel wenn die Praxis überlastet ist oder die Behandlung das Fachgebiet überschreitet. Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) stellt die ambulante vertragsärztliche Versorgung und – zu den sprechstundenfreien Zeiten – den Ärztlichen Bereitschaftsdienst im Freistaat sicher und gewährleistet, dass ambulante medizinische Hilfe verfügbar ist. 

Damit alle Patientinnen und Patienten uneingeschränkten Zugang zur ambulanten vertragsärztlichen Versorgung haben, ist Barrierefreiheit nach der Bayerischen Bauordnung (BayBO) seit 2003 für neu errichtete Arztpraxen im Freistaat verpflichtend. Davon profitieren nicht nur Menschen mit Behinderung. Arztpraxen können durch mehr Barrierefreiheit auch besser auf die Bedürfnisse von Seniorinnen und Senioren eingehen.

Wie findet man eine barrierefreie Arztpraxis in der Nähe?

Die bundesweite Online-Arztsuche der Kassenärztlichen Bundesvereinigung in Deutschland führt Patientinnen und Patienten direkt zu einer geeigneten Arztpraxis oder Psychotherapiepraxis. Bei der Suche können Sie nicht nur nach Fachrichtung, Postleitzahl und Fremdsprache filtern, sondern auch nach Kriterien der Barrierefreiheit. Zum Beispiel danach, ob die Untersuchungsstühle und Liegen in einer Praxis höhenverstellbar sind, ob ein rollstuhlgeeignetes WC vorhanden ist oder ob die Kommunikation mittels Gebärdensprache möglich ist. Übrigens: Auch über den ambulanten Notfalldienst informiert das Portal.

Über die Online-Suche der Bayerischen Landeszahnärztekammer können Sie nach Zahnarztpraxen mit barrierearmem Zugang im Freistaat suchen. 

Konkrete Maßnahmen für barrierefreie Arztpraxen

Barrierefreiheit dient allen Menschen: Rollstuhlnutzende können die Hausarztpraxis im vierten Stock des Nachbarhauses erreichen. Seniorinnen und Senioren mit Sehbehinderung finden leicht den Weg vom Wartebereich ins richtige Behandlungszimmer. Und gehörlose Väter oder Mütter können online ganz einfach einen Termin mit der Sprechstundenhilfe ihrer Kinderarztpraxis vereinbaren. Barrierefreie Kommunikation bedeutet auch: Alle Patientinnen und Patienten erhalten Informationen darüber, wie eine Untersuchung abläuft, wie sie eine Praxis am besten erreichen können und welche Behandlungsmöglichkeiten eine Ärztin oder ein Arzt anbietet. 

Viele Maßnahmen für Barrierefreiheit kosten gar kein Geld. Nur etwas Zeit und den Willen, auf den Menschen einzugehen.

Dr. Stefan Hessenberger betreibt gemeinsam mit seinem Kollegen Dr. Alexander Rudolph eine barrierefreie Praxis für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie.

Maßnahmen für Menschen mit eingeschränkter Mobilität

  • Behindertenparkplätze, von denen aus sich die Praxis stufenlos erreichen lässt
  • niedrige Schwellen, Rampen, Treppenlifte und geräumige Aufzüge
  • breite Türen, die sich im Eingangsbereich automatisch öffnen und schließen
  • niedrige Schwellen und ausreichend Bewegungsfläche für Menschen mit Rollstuhl oder Rollator
  • Toiletten mit Haltegriffen, Notruf und unterfahrbaren Waschbecken
  • Handläufe auf beiden Seiten der Treppen für alle, die schlecht laufen können
  • Untersuchungsgeräte und Liegen, die sich zum Beispiel in der Höhe verstellen lassen
  • geräumige Umkleidekabinen mit Sitzgelegenheiten, Halte- und Stützgriffen
  • Lichtschalter, Klingeln und Bedienelemente, die sich im Sitzen bedienen lassen

Maßnahmen für blinde und sehbeeinträchtigte Menschen

  • eine helle, nicht blendende Beleuchtung in Treppenhäusern, Fluren und Räumen
  • kontrastreiche Gestaltung der Türen, Wände und Böden, zum Beispiel in Schwarz-Weiß, Schwarz-Gelb, Dunkelblau-Weiß oder Dunkelblau-Gelb
  • gut gekennzeichnete Glastüren, kontrastreich markierte Schwellen und Treppenstufen
  • ein Bodenleitsystem, das sich mithilfe eines Langstocks oder über die Schuhsohlen ertasten lässt
  • große Beschriftungen in einer schnörkellosen Schriftform. Die gesamte Türfläche kann für die Bezeichnung eines Raumes genutzt werden.
  • Schalter, Schilder und Bedienelemente, die sich problemlos ertasten lassen und ggf. mit Brailleschrift versehen sind
  • Aufzüge mit Stockwerkansage und Bedienelementen mit Brailleschrift

Maßnahmen für taube und schwerhörige Menschen 

  • die Terminvereinbarung ist via Fax, SMS, Website oder E-Mail möglich
  • eine gute Beleuchtung der Praxisräume, die das Ablesen von den Lippen erleichtert
  • schallabsorbierende Wand- und Deckenelemente, die Störgeräusche im Behandlungszimmer dämpfen
  • direkte Ansprache und Blickkontakt, klare, deutliche Formulierungen und kurze Sätze
  • wichtige Informationen aufschreiben; Bilder und Symbole nutzen, um eine Untersuchung zu erläutern
  • Verfügbarkeit von Hörverstärkern und induktiven Höranlagen
  • Gebärdensprachdolmetschende, die das Praxis-Team unterstützen können

Umbaumaßnahmen für Barrierefreiheit von kommunalen Liegenschaften werden gefördert 

Zum 1. Januar 2024 ist die Richtlinie über die Förderung kommunalen Engagements für die ärztliche Versorgung vor Ort (Kommunalförderrichtlinie – KoFöR) in Kraft getreten. Das Förderprogramm unterstützt bayerische Gemeinden im ländlichen Raum dabei, bestmögliche Bedingungen zu schaffen, um die ambulante medizinische Versorgung zu stärken. 
Förderfähig sind unter anderem auch Umbaumaßnahmen an kommunalen Liegenschaften, welche die Barrierefreiheit verbessern. Darunter fallen bauliche Veränderungen und Anpassungen mit dem Ziel, Arztpraxen besser zugänglich und nutzbar zu gestalten. Hierzu zählen beispielsweise Maßnahmen wie der Einbau von Rampen oder Aufzügen, die Verbreiterung von Türen sowie die Anpassung von Sanitäranlagen. 

Ach so ist das! Barrierefreie Kommunikation für ein besseres Verständnis

Bei einer Diagnose oder Behandlung etwas nicht zu verstehen, kann Menschen verunsichern. Möglicherweise wird ein wichtiger ärztlicher Ratschlag nicht verstanden und daher nicht befolgt oder Medikamente werden falsch eingenommen. Deshalb ist es für Patientinnen und Patienten wichtig, dass Arztpraxen die Kommunikation so einfach wie möglich gestalten. Diese Form der Barrierefreiheit lässt sich mit unterschiedlichen Maßnahmen erreichen: Das medizinische Personal sollte Fachbegriffe, die für eine Behandlung oder eine Überweisung wichtig sind, erklären und den Patientinnen und Patienten Gelegenheit geben, nachzufragen. Mit Zeichnungen, Darstellungen in Büchern oder Modellen lassen sich komplizierte Sachverhalte anschaulicher machen.

Das Team kann Patientinnen und Patienten den Besuch einer Praxis auch erleichtern, indem es bereits bei der ersten Terminvergabe am Telefon über Parkmöglichkeiten, die Lage der Behindertenparkplätze oder die Anbindung an die öffentlichen Verkehrsmittel informiert. Die Website einer Praxis sollte so gestaltet sein, dass alle Nutzenden einfach auf die Informationen zugreifen können. Die Terminvergabe lässt sich beispielsweise für Menschen mit Hörbehinderungen durch eine Online-Rezeption erleichtern, Seniorinnen und Senioren oder blinde Menschen sollten ihren Besuch telefonisch vereinbaren können. Ausdrucke, Formulare oder Flyer in einer ausreichend großen Schrift und mit großem Zeilenabstand erleichtern die Lesbarkeit. Mehrsprachige Exemplare und Versionen in Leichter Sprache unterstützen Patientinnen und Patienten, die komplizierte deutsche Texte schlecht verstehen. 

Das bedeutet Barrierefreiheit für mich: Zuhören und herausfinden, was der Mensch braucht.

Esad K. ist Patient der barrierefreien Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie von Dr. Stefan Hessenberger und Dr. Alexander Rudolph. Als Rollstuhlnutzenden überzeugt ihn dort vor allem die Haltung des Teams.

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